Mittwoch, 14. März 2012

zu viel

Neue Rechtschreibung, ich hätt’s ja zusammen geschrieben. Das ist aber nicht das Problem. Zu viel Lebensmittel werden weggeworfen. Dies hat eine Studie ergeben, die meine liebe Ilse (Aigner), unsere Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Auftrag gegeben hat.

Und diese Studie hat die Ilse gestern vorgestellt, “mit erschreckenden Ergebnissen” so zum Beispiel die Berliner Morgenpost. Und weil zu viel für viele von uns nicht vorstellbar ist kommt die Ministerin mit Zahlen. Jeder Bundesbürger wirft fast 82 kg Lebensmittel in den Müll, das sind dann 61 % von insgesamt 11 Millionen Tonnen Lebensmittelabfall. Dieser vermeidbare Abfall kostet pro Kopf 235 Euro im Jahr oder, Achtung Rechenkunst: oder 940 Euro im Vier-Personen-Haushalt.

Jetzt ist es natürlich nicht so, dass ich es gut finde, dass Lebensmittel weggeworfen werden, wenn doch die armen Negerlein (political incorrect, ich weiß), wenn also die armen Negerlein doch verhungern. Andererseits wisst ihr vielleicht auch, dass mein Ruhepuls auf 180 steigt, wenn ich was in den Medien von der Ilse höre deshalb. Deshalb mal ein wenig online recherchiert und schon wieder einen Hals bekommen.

Webaffin wie die Ilse ist, hat sie sich mit ihrer Studie auch gleich auf ihrer bzw. natürlich auf der Internetseite ihres Ministeriums gefeiert. Diese Pressemitteilung haben dann viele Journalisten fast schon guttenbergartig verbreitet. Ich hab mir mal die Mühe gemacht und die ausführliche Kurzfassung der Studie der Universität Stuttgart gelesen. “Ausführliche Kurzfassung” auch ein lustiger Begriff. Jedenfalls wundere ich mich, dass falls die Ilse das auch gelesen hat, dass die Ilse die Studie den Autoren nicht um die Ohren gehauen hat.

Schon auf Seite vier der Studie im Kapitel 1.2 Ziele und Aufgabenstellung …anfallende Lebensmittel Abfälle abzuschätzen…die Abschätzung der Lebensmittelabfälle in der Landwirtschaft ist sehr aufwändig und wurde in der Studie nicht durchgeführt… lässt mich rätseln wie man dann auf die oben genannten absoluten Zahlen kommt, wenn man abschätzt und nicht durchführt. Insgesamt findet sich das Wort schätzen 32 mal auf den 42 Seiten. Sowieso die Zahlen, wenig belastbar weil einfach nicht vorhanden, deshalb mit Hilfe des Müllvolumens, amerikanischen Verbraucherstudien und Pi mal Daumen interpoliert und hochgerechnet. 30 % des Biomülls und 70 % des Hausmülls werden mal als Lebensmittelabfall angenommen, schon allein wieso gerade diese Zahlen ?

Schön wird dann noch in vermeidbare, teilweise vermeidbare und unvermeidbare Lebensmittelabfälle unterschieden sprich auch das Grün beim Radieschenbund, Putzabfälle oder auch Knochen und Gräten spielen in diese Statistik mit rein. Dies führt dann lustigerweise auf Seite 20 zu der Feststellung, das vermeidbare bzw teilweise vermeidbare Abfälle im Vier-Personen-Haushalt jährliche Kosten von 935 Euro verursacht. Schon mal 935 durch 4 geteilt ? Ich bin erstaunt wie auf Grund der geschätzten Daten dann so schön ungerade pro Kopf Zahlen entstehen.

Nach der Hälfte der Studie kommen wir dann zum interessanten Teil, Vorschläge zur Verminderung der Wegwerfrate. Lebensmittel, die bestimmte Produkt- bzw. Qualitätseigenschaften nicht erfüllen, werden aussortiert und noch etwas weiter hinten kommt die Studie zum Punkt: die Qualitätsnormen für Lebensmittel gehören zusammen mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum abgeschafft.
Wenn ich jetzt mal ganz böse davon ausgehe, das derjenige der eine Studie bestellt, auch die Ergebnisse bestellt wundert mich jetzt mal wieder garnix.

Auf EU Ebene will sie sich für die Abschaffung der Qualitätsnormen einsetzen, die Verbraucher will sie darüber aufklären, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum garnix zu sagen hat – wieso es dann bis jetzt drauf muss weiß auch kein Mensch.

Achso, als hätte ich es geahnt

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